Demobericht zu den Protesten in Demmin am 8.5.2014
Die Proteste gegen den Naziaufmarsch in Demmin am 8.5.2014 wurden von massiver Polizeigewalt überschattet. Dabei begannen die Aktionen zunächst überaus friedlich und auch die Polizei agierte deeskalierend. Lediglich Vorkontrollen gegen Protestierende aus anderen Bundesländern ließen erahnen, dass die Polizei die Grundrechte der Gegendemonstrant_innen nicht ausreichend achtet. Nach Beginn des Naziaufmarsches wurde jedoch zunehmend unverhältnismäßige Gewalt gegen die Demonstrierenden eingesetzt. Die versammlungsrechtlichen Vorschriften, die auch Gegenproteste schützen, wurden vollkommen missachtet und einseitig das Versammlungsrecht der Nazis durchgesetzt. Diese Gesamtstrategie der Einsatzkräfte, die eine Abwägung der unterschiedlichen Grundrechtspositionen völlig vermissen ließ, sorgte für eine aufgeheizte Stimmung, die Verletzungen bei den Protestierenden billigend in Kauf nahm. Dass es durch das übermäßig harte Vorgehen von Polizeikräften tatsächlich zu mehreren Verletzten kam, ist die logische Folge daraus. Trauriger Tiefpunkt ist die Festnahme eines Demonstranten, der dabei so brutal angegangen wurde, dass er bewusstlos wurde und ins künstliche Koma versetzt wurde. Sowohl dieser Einzelfall als auch die Gesamtstrategie bedürfen der Aufarbeitung. Die bisherigen Stellungnahmen der Polizei lassen jedoch befürchten, dass mit einer Diffamierung der Gegenproteste versucht wird, das eigene Vorgehen zu rechtfertigen. (1)
Im Einzelnen:
Mi. 16.5.2012, 20 Uhr im Klex - Break the Silence - Infoveranstaltung mit der Initiative Oury Jalloh
![]()Hintergrund: Oury Jalloh starb Anfang 2005 bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle. Die Polizei behauptete, er habe sich selbst angezündet, obwohl Hände und Füße gefesselt waren. Das Landgericht Dessau sprach zwei Polizeibeamte vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen frei. Der Freispruch gegen den Dienstgruppenleiter wurde allerdings vom Bundesgerichtshof wegen unzureichender Beweiswürdigung aufgehoben. Zudem wurde die mangelnde Aufklärungsbereitschaft der Polizei beklagt. Seit 2011 wird der Prozess vor dem Landgericht Magdeburg neu aufgerollt.
Die „Initiative Oury Jalloh“ kämpft unter dem Motto Break the Silence für eine Aufklärung der Todesumstände von Oury Jalloh. Dabei richtet sie sich insbesondere gegen die Verschleierung der polizeilichen Verantwortlichkeit. Sie wird u.a. über das Konzept der Prozessbeobachtung berichten, über widersprüchliche Polizeiaussagen, unzureichende Gutachten und die Schwierigkeit, ein Gericht zu sorgfältiger Sachverhaltsaufklärung zu bewegen und die eigenen Erfahrungen mit der Polizei.
Pressemitteilung 9.12.2011: AKJ Greifswald wird antifaschistische Demonstration mit Demobeobachtungsteams begleiten
Der Arbeitskreis Kritischer Jurist_innen (AKJ) Greifswald wird bei der antifaschistischen Demonstration „Zieht euch warm an“ am 10.12.2011 in Greifswald mit Demobeobachtungsteams vertreten sein. Diese Teams, die an ihren magentafarbenen Warnwesten mit der Aufschrift „Demobeobachtung“ erkennbar sind, werden das Verhalten der Ordnungskräfte gegenüber den Demonstrierenden dokumentieren und nach den Aktionen einen Bericht über das Vorgehen der staatlichen Gewalt veröffentlichen.
Ziel der Demobeobachtung ist der Schutz der Versammlungsfreiheit, welche laut Bundesverfassungsgericht der unmittelbarste Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit und eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt ist. Diese ist als Abwehrrecht gegen den Staat konzipiert, weshalb das Augenmerk auf der rechtlichen Würdigung des polizeilichen Vorgehens liegt. Dabei versteht sich die Gruppe, die aus Greifswalder Jurastudierenden besteht, ausdrücklich als neutrales und unabhängiges Beobachtungsteam. „Wir sehen uns nicht als Teil der Demonstration und werden die Beteiligten nicht unmittelbar unterstützen.“, so ein Mitglied des![]() AKJ. „Genauso wenig werden wir als Hilfskräfte der Polizei auftreten. Unsere Neutralität bedeutet aber auch nicht, dass wir uns als Schiedsrichter_innen zwischen Demonstrierenden und Polizei sehen.“ Die Teams werden insbesondere nicht auf Anfrage oder Zuruf der Polizei beobachten, sondern ausschließlich dann, wenn sie es für notwendig oder sinnvoll halten und auch personell und organisatorisch dazu in der Lage sind. Zur Dokumentation werde man am Rande der Demonstration Notizen machen, ggf. das Polizeivorgehen fotografieren und anschließend die gesammelten Informationen auswerten.
Bei Großveranstaltungen kam es in der letzten Zeit immer wieder zu unverhältnismäßigen Polizeieinsätzen. Insbesondere bei Veranstaltungen, zu denen Demonstrierende aus anderen Städten anreisen, kam es immer wieder zu intensiven Vorkontrollen, die die Teilnahme an der Versammlung erschwerten. Der AKJ weist jedoch darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung angemeldete Versammlungen einen umfassenden Schutz genießen. Sie dürfen nicht durch übermäßige Auflagen, Kontrollen oder Überwachung eingeschränkt werden – im Gegenteil ist es Aufgabe der Polizei und der Ordnungsbehörde, die Demonstrierenden bei der Wahrnehmung ihrer Grundrechte zu schützen. Ob sie diese Aufgabe erfüllen, wird in den Tagen nach der Demonstration im Bericht des AKJ veröffentlicht.
Demobeobachtung Lubmin-Castor 12/2010
Vom 14. bis 16.12.2010 fand ein Castortransport aus dem französischen Cadarache ins Zwischenlager Nord bei Lubmin statt. Zu diesem Anlass wurden zahlreiche Protestveranstaltungen organisiert. Der AKJ (Arbeitskreis Kritischer Jurist_innen) Greifswald begleitete einige dieser Veranstaltungen mit Demobeobachtungsteams.
Auftaktdemonstration am 11.12.2010 in Greifswald
Das Antiatombündnis Nordost veranstaltete am 11.12. ein Auftaktdemonstration gegen die Castortransporte ins Zwischenlager Nord. Gegen 13.30 Uhr begann sie mit einer Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Greifswald. Ab 14.30 Uhr startete der Aufzug mit ca. 3000 Demonstrant_innen, der die Altstadt umrundete und ca. um 15.30 Uhr wieder am Bahnhof ankam, wo auch die Abschlusskundgebung stattfand. Der AKJ war mit drei Teams à drei Leuten vor Ort.
Die Demonstration verlief, wie von Veranstalter_innen und Polizei erwartet, durchgehend friedlich.
Auch das Polizeiverhalten war weitestgehend angemessen. Während der Auftakt- und Schlusskundgebung hielten sich die Polizeikräfte sehr im Hintergrund. Bei der Demonstration liefen mehrere Polizeigruppen in größeren Abständen am Rand mit, verhielten sich aber zurückhaltend.
Die Straßen Richtung Innenstadt waren meist durch Polizeiketten gesichert, auch waren größere Kontingente in der Stadt anwesend, so zum Beispiel mehrere Wasserwerfer. Einige Beamte führten gut sichtbar Behälter mit sich, in denen sich vermutlich Pfefferspray befand. Zeitweise wurde die Demo mittels eines Hubschraubers überwacht. Angesichts der – auch schon im Voraus erwarteten – Friedlichkeit der Demonstration und im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen andernorts erscheint ein solches Polizeiaufgebot teilweise übertrieben und einschüchternd. Auch wenn massiver Polizeieinsatz bei derzeitigen Demonstrationen überaus häufig vorkommt, sollte dies nicht der Normalfall sein. Gerade bei Anti-Atomkraft-Protesten, die zu einem großen Teil von Familien mit Kinder getragen werden, sollte die Anzahl der Polizeikräfte dem zu erwartenden Konfliktpotential entsprechen. Und ein großes Polizeiaufgebot kann gerade bei Familien und älteren Personen eine abschreckende Wirkung haben und sie so von der Teilnahme an der Demonstration und somit der Ausübung ihrer verfassungsmäßig garantierten Versammlungsfreiheit abhalten.