Einschätzung des Arbeitskreises kritischer Jurist*innen zur Hausdurchsuchung im IKuWo

Zusammenfassung

Am Morgen des 19. Juli 2018 waren fast 100 Polizeikräfte im Einsatz, um die Vereinsräume des IKuWo e.V. und eine im gleichen Haus befindliche Privatwohnung zu durchsuchen. Dabei wurden keine Beweismittel gefunden. Anlass waren Vorfälle in der Nacht vom 09. auf den 10. Juni 2018, die nicht nur zu strafrechtlichen Ermittlungen, sondern zu kontroversen Debatten in der Öffentlichkeit führten. Hierbei drängt sich der Eindruck auf, dass die Durchsuchung im IKuWo weniger zu einer Aufklärung der Vorwürfe beitragen sollte, sondern als politische Aussage der Ermittlungsbehörden verstanden werden sollte. Denn nach den dem AKJ vorliegenden Erkenntnissen bewegen sich die Polizeimaßnahmen vom 19. Juli 2018 in vielfacher Hinsicht nicht im Rahmen des rechtlich Zulässigen. So setzen sich die Durchsuchungsbeschlüsse nicht hinreichend mit den Ereignissen von Mitte Juni sowie deren rechtlicher Bewertung auseinander und verkennen zudem die Belange der Betroffenen. Die Polizei differenziert bei den im Raum stehenden Vorwürfen nicht nach den Verantwortlichen, gegen die sie gerichtet sind. Es gab keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass in den durchsuchten Räumen Beweismittel gefunden werden könnten. Gerade der zeitliche Abstand zur Tat, aber auch die Art und Weise der Durchsuchung lassen diese als unverhältnismäßig erscheinen. Durch dieses Vorgehen trägt die Polizei nicht zur Aufklärung bei, was auf eine politische Motivation der Maßnahmen schließen lässt. Damit wird eine Debatte befeuert, die entgegen anders lautender Behauptungen rechtsstaatliche Prinzipien verkennt.

PM: Demobericht zu den Protesten gegen AfD-Demonstration am 14. Mai 2018 in Rostock-Lütten Klein

Am Montag, den 14. Mai 2018, protestierten viele hundert Menschen gegen eine AfD-Demonstration im Rostocker Stadtteil Lütten Klein. Der Arbeitskreis kritischer Jurist_innen Greifswald dokumentierte mit sieben Beobachter_innen, ob das Recht auf Versammlungsfreiheit und weitere Vorgaben des Versammlungsrechts gewahrt wurde.1

Problematische Machtdemonstration durch Wasserwerfer

Während der Protestveranstaltungen hatte die Polizei nicht nur – wie das bereits bei vergangenen Versammlungen, wie zuletzt in Demmin am 08. Mai 2018 der Fall war – zwei Wasserwerfer vor Ort bereit gehalten, sondern fuhr mit diesen im Bereich der Demonstrationsroute umher. Dabei wurden sie mitunter auf größere Gruppen von Demonstrierenden gerichtet oder begleiteten Versammlungen, indem sie sich permanent in deren Umfeld befanden. Zwar schossen sie kein Wasser, doch stellt das Auffahren dieser Fahrzeuge, aus deren Strahlrohren teilweise Wasser ran und welche somit Einsatzbereitschaft signalisierten, eine Machtdemonstration dar. Ein solcher Gebrauch hat in zweierlei Hinsicht eine einschüchternde Wirkung. Einerseits wird den Demonstrierenden der Eindruck vermittelt, dass sie für ihr Tun mit dem baldigen Einsatz des Wasserwerfers rechnen müssen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn in der jeweiligen Situation ein rechtmäßiger Einsatz völlig fernliegend ist. Sowohl bei den Vorgängerdemonstrationen im März und April in Rostock-Evershagen als auch an diesem Abend wäre ein Einsatz gegen die durchgängig friedlichen Versammlungen aber eindeutig unverhältnismäßig gewesen. Für einen rechtmäßigen Einsatz zeichnete sich zudem zu keinem Zeitpunkt ein Anlass ab. Zum anderen suggeriert das Auffahren der Wasserwerfer gegenüber Dritten, dass von den Demonstrierenden eine erhebliche Gefahr ausginge. Diese kommunikative Wirkung schwächt die Vermittlung des Demonstrationsanliegens und beschneidet daher die Versammlungsfreiheit.

Proteste gegen Naziaufmarsch am 8. Mai 2018 in Demmin – „Best of“ der Versammlungsrechtsverstöße durch die Polizei

Pressemitteilung vom 9. Mai 2018

Die Proteste gegen den Naziaufmarsch in Demmin am 8. Mai 2018 konnten ohne schwerwiegende Auseinandersetzungen mit der Polizei stattfinden. Dennoch kam es zu einer Reihe problematischer und rechtswidriger Polizeiaktionen. Dies ist besonders deshalb kritikwürdig, weil vergleichbare Überschreitungen in letzter Zeit häufig vorkamen und von uns bereits in vergangenen Berichten thematisiert wurden. Wiederholte Gesetzesverstöße dürfen jedoch weder innerhalb der Polizei noch bei Protestierenden zu einem Gewöhnungseffekt führen, sondern lassen Forderungen nach mehr Respekt vor der Versammlungsfreiheit nur umso wichtiger werden.

Am Dienstag, den 08. Mai 2018, protestierten viele hundert Menschen gegen einen jährlich stattfindenden Aufmarsch von Neonazis. Der Arbeitskreis kritischer Jurist_innen Greifswald dokumentierte mit fünf Beobachter_innen, ob das Recht auf Versammlungsfreiheit und weitere Vorgaben des Versammlungsrechts gewahrt wurde.1

Blockade ohne Auflösung geräumt

Gegen 20.01 Uhr setzen sich zwei Personen in der Nähe des Marktplatzes auf die Route des Naziaufmarsches. Sie wurden ohne jede Aufforderung von Polizeikräften von der Straße geräumt. Jedoch wird überwiegend davon ausgegangen, dass Zusammenkünfte schon ab zwei Personen eine Versammlung i.S.v. Art. 8 GG sind und damit der grundrechtlicher Schutz auch für sie greift. Um gegen eine solche Versammlung gefahrenabwehrrechtlich vorzugehen, ist die eindeutige und unmissverständlich geäußerte Auflösung durch die Polizei zwingende Voraussetzung. Deshalb war die Polizeimaßnahme rechtswidrig.2 Weiterhin wurde uns mehrfach und übereinstimmend berichtet, dass es in der Nähe des Bahnhofs zu einem unverhältnismäßigen Gewalteinsatz kam, als eine Demonstrantin in eine eingekesselte Sitzblockade gestoßen wurde. Zu einer rabiaten Anwendung von Gewalt kam es gegen 21 Uhr am Marktplatz, als Polizisten einen Demonstranten aus der Versammlung zerrten. Unabhängig davon, ob die gegen diesen erhobenen Vorwürfe berechtigt sind, wurden durch den Einsatz übermäßig heftig mit körperlicher Gewalt auf den Betroffenen eingewirkt sowie daneben stehende Demonstrierende beeinträchtigt, weshalb die Aktion als unverhältnismäßig einzustufen ist.